Konzept

0. Vision

• Kinder und Jugendliche mit türkischem Hintergrund leben und wachsen in München unter für ihre Entwicklung förderlichen familiären, schulischen und gesellschaftlichen Sozialisationsbedingungen auf.

• Eltern erweitern permanent ihre pädagogischen Kompetenzen und entwickeln ihr Bildungsbewusstsein weiter.

• In allen Bereichen des Bildungssystems sind alle Formen von Diskriminierung überwunden.

• Bildungsbeteiligung und Bildungserfolg türkischer Kinder und Jugendlicher erreichen das Niveau der einheimischen Bevölkerung.

• Heranwachsende Generationen entwickeln eine „plurale“ Identität, sind als handlungsfähige, sozialkompetente, selbstbestimmte und solidarische Individuen in alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens bestens integriert.

1. Der Verein

AEV ist seit seiner Gründung im Jahre 1985 ein parteipolitisch, weltanschaulich und konfessionell unabhängiger gemeinnütziger Verein von ehrenamtlich engagierten türkischstämmigen Mitgliedern, die die Interessen von Kindern und Eltern mit türkischem bzw. Migrationshintergrund im Bildungsbereich vertreten, sich für Chancengleichheit für alle Kinder einsetzen und für das Gelingen von Integrationsprozessen stark machen.

AEV ist eine engagierte, kritische und selbstkritische Bildungseinrichtung und bildungspolitische Interessenvertretung der Münchner Familien in München und Umgebung mit türkischem bzw. Migrationshintergrund.

2. Leitbild

AEV bekennt sich uneingeschränkt zu den im Grundgesetzt formulierten Grundwerten, steht in der Tradition der Aufklärung und des Humanismus und tritt dafür ein.

Der Verein ist den universellen Menschenrechten und dem Gender Mainstreaming verpflichtet.

Gleichberechtigung, Chancengleichheit, soziale Gerechtigkeit, gegenseitige Toleranz, Gewaltlosigkeit, pluralistisch-partizipatorische Demokratie, Frieden, Völkerverständigung und interreligiöser Dialog bilden die Grundlagen unseres Handelns.

In diesem Sinne fördert der Verein die Entwicklung einer aufgeklärten, kritischen, interessierten und partizipationswilligen Öffentlichkeit in München.

Wir kooperieren mit allen Institutionen, Verbänden, Gewerkschaften, Parteien, Gruppen und Personen, die sich den hier zum Ausdruck gebrachten Wertvorstellungen und Grundsätzen verpflichtet fühlen

3. Ausgangslage

Die MigrantenInnen werden von vielen Teilen der deutschen Gesellschaft nach wie vor als eine nicht dazugehörige Gruppe betrachtet.

Positive Entwicklungen und Erfolge im Integrationsprozess werden sehr oft nicht wahrgenommen, stattdessen wird immer wieder über vorhandene Defizite, Fehlentwicklungen sowie „Integrationskrise“ debattiert.

Dabei wird sehr oft außer Acht gelassen, dass die Migrantenfamilien in der Migrationssituation in eine komplizierte Wechselbeziehung mit der Aufnahmegesellschaft eintreten und vor den Alternativen der „Marginalisierung“, „Segregation“, „Assimilation“ und der „Integration“ stehen.

Das Ergebnis dieses Verhältnisses ist nicht vorhersehbar. Es ist sowohl von den angebotenen Integrationsleistungen der Aufnahmegesellschaft, als auch von den Kompetenzen, Handlungszielen und Handlungsmöglichkeiten der Migrantenfamilien abhängig.

Die Ausgrenzungsdebatte der letzten Jahre zeigte, dass die eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten großer Teile der Migrationsbevölkerung in Deutschland die „Exklusion“ zur Folge haben, die sich als Mangel oder als Verlust an sozialen Teilhabemöglichkeiten manifestiert und zwar in:

• Mangel an Geld, um den durchschnittlichen Konsumstil in Deutschland praktizieren zu können;

• Mangel an Wohnqualität mit der Folge, in benachteiligten Wohnvierteln leben zu müssen;

• Mangel an Macht, die eigenen Interessen zur Geltung bringen zu können;

und

• im Gefühl, als Bürger zweiter Klasse behandelt zu werden.

Im Hinblick auf den Bildungsprozess der Kinder ist bei vielen Familien eine Überforderung der Eltern zu beobachten, für die Entwicklung des Nachwuchs förderliche innerfamiliäre kommunikative Umgangsformen zu entwickeln und an allen Phasen des gesamten Bildungsweges kritisch-konstruktiv mitzuwirken.

Angesichts der in diesem Zusammenhang viel diskutierten Probleme im Bildungssystem ist auch eine teilweise strukturelle und personelle Überforderung der Bildungseinrichtungen festzustellen.

Der sechste Familienbericht konstatiert vor diesem Hintergrund zum Verhältnis zwischen Elternhaus und Schule einerseits und zum Umgang von Lehrkräften mit den Migrantenkindern andererseits folgendes: „In der Beziehung der Familien zu den Bildungsinstitutionen ist das Eltern-Lehrkräfte-Verhältnis von besonderer Bedeutung und meist mit Spannungen, Konflikten und Vorurteilen belastet. Diese Schwierigkeiten nehmen im Verhältnis zu den Eltern ausländischer Herkunft zu. Eltern-Lehrkräfte – Gespräche scheitern häufig an der sozioökonomischen, kulturellen und sprachlichen Distanz, die Kommunikation wird sogar häufig aus Angst und Unsicherheit vermieden.“

Folgende quantitative Angaben sollen exemplarisch das Bild im Bildungsbereich veranschaulichen:

Der Münchner Bildungsbericht 2010 stellt fest dass

• von den Kindern mit Migrationshintergrund in städtischen Einrichtungen 44,9 % eineinhalb Jahre vor Schuleintritt einen Sprachförderbedarf haben.

• etwa gleich viele deutsche und ausländische Kinder früher eingeschult wurden (Jungen 2,3 % und Mädchen 4,2 %)

• bei den später eingeschulten aber einen großen Unterschied gab (12,6 % der deutschen Kinder und von den ausländischen Kindern 17,9 % im Jahre 2008)

• Schüler/-innen mit ausländischer Staatsangehörigkeit noch immer weit häufiger als deutsche Kinder Förder- und Hauptschulen besuchen. Nur 19,8 % der deutschen Schüler/-innen wechselten nach der Grundschule in die Hauptschule, aber 49,3 % der ausländischen Schüler/-innen. Geht man von der nunmehr möglichen erweiterten Definition aus, dann liegt der Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund an Hauptschulen bei über 60%. Weniger als die Hälfte von ihnen erreicht bis zur 9. Klasse die notwendigen Voraussetzungen, die ihnen eine berufliche Ausbildung direkt nach dem Hauptschulabschluss ermöglichen.

• Ausländische Schüler die Schule dreimal so häufig wie deutsche Schüler ohne jeglichen Abschluss verlassen (15,2 zu 5,4 %).

• Die Wiederholerquote bei ausländischen Schülern doppelt so hoch ist wie bei deutschen Schülern (3,2 zu 6,2 %).

• Nur 41,1 % der ausländischen Schüler 2009 die Berufsschule mit Erfolg abschließen konnten(deutsche Berufsschüler: 72 %)

• es ausländischen Jugendlichen deutlich schwer fällt, auf direktem Weg ins duale System bzw. ins Schulberufssystem zu gelangen und ihr Anteil im dualen System bzw. an den Berufsfachschulen bei den Schülerinnen bei 13,3 % und bei den Schülern bei 13,6 % und im Übergangssystem bei 41 % liegt (der entsprechende Bevölkerungsanteil in der Altersgruppe lag bei 26,7 %)

Als zentrale Herausforderungen der Gegenwart bezeichnet der Münchner Bildungsbericht 2010 die „deutlich niedrigere Bildungsbeteiligung von Kindern mit Migrationshintergrund“ sowie den „engen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungsergebnissen“.“

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Diese sehr unerfreuliche Situation kann durch den Bildungserfolg einer geringen Zahl der türkischen Kinder nicht wett gemacht werden.

Erschwerend kommt hinzu, dass es noch keine organisierte, kritische türkische Öffentlichkeit gibt und diese Familien und ihre Kinder keine ausreichenden und konsequenten Fürsprecher in den deutschen Institutionen und Öffentlichkeit finden.

4. Zielgruppen

• Eltern, Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund. (unter der besonderen Berücksichtigung von türkischen Familien)

• Multiplikatoren

• Lehrkräfte auf allen Stufen des Bildungs- und Ausbildungssystems

• Politik, Verwaltung, Verbände, Kammern

5.1 Ziele (strategisch, übergeordnet)

• die Förderung von Kindern, Jugendlichen, Müttern, Vätern, und Erwachsenen mit türkischem bzw. Migrationshintergrund bei der sozialen, kulturellen und politischen Integration in die Gesellschaft in München und Umgebung.

• die Erhöhung der Bildungsbeteiligung und des Bildungserfolgs der heranwachsenden Generationen.

• die Herstellung einer kritisch-konstruktiven an Bildungs- und Integrationsfragen interessierten Öffentlichkeit.

• die wissenschaftlich fundierte und systematische Auseinandersetzung mit der aktuellen Bildungsrealität.

• die Schärfung des Bewusstseins der Zielgruppen für eine ganzheitliche, den ganzen Menschen erfassende Auffassung von Bildung.

• die Unterstützung der Heranwachsenden bei der Entwicklung einer pluralen Identität.

• die Ermutigung zu einer kritischen Selbstreflexion mit der eigenen Migrationsgeschichte und -wirklichkeit.

• die Auseinandersetzung mit der eigenen und den „anderen“ Kulturen.

• die entschiedene Bekämpfung aller Formen von Vorurteile, Intoleranz, Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Extremismus, Fundamentalismus und Gewalt.

5.2. Ziele (operativ)

• Eltern mit Migrationshintergrund werden bei der Stärkung und Erweiterung ihrer pädagogischen Kompetenzen unterstützt.

• Kinder und Jugendliche werden bei ihren familiären, vorschulischen, schulischen und außerschulischen Fragen, Problemen und Notlagen beraten und unterstützt.

• Eltern, Kinder und Jugendliche werden für das lebenslange Lernen sensibilisiert.

• Eltern, Kinder und Jugendliche werden auf einen konstruktiven Umgang mit Aspekten der sozialen, kulturellen und politischen Integration aufmerksam gemacht.

• Eltern, Kinder und Jugendliche werden über das Bildungs- und Ausbildungssystem in Bayern informiert.

• Stellungnahme zu aktuellen Fragen der Bildungs-, Familien- und Integrationspolitik.

• Kontinuierliche Erstellung und Verteilung bedarfsorientierter Materialien und Medien zu aktuellen und strukturellen Aspekten der Bildungssituation.

• Die Medienkompetenz der Kinder, Jugendlichen, Eltern und Erwachsenen fördern.

• Alle im Bildungsbereich mitwirkende Personen und Einrichtungen im Umgang mit Kindern aus Migrantenfamilien kultursensibel beraten und unterstützen.

• Gewinnung von möglichst vielen MultiplikatorenInnen aus der Community mit dem klaren Auftrag, Eltern, Kindern, Jugendlichen und Lehrkräften ggf. zur Verfügung zu stehen.

• Förderung der Muttersprache

• Förderung des Umweltbewusstseins

• Politische Bildungsarbeit und Demokratieerziehung

• Förderung des bürgerschaftlichen Engagements

6. Handlungsfelder

• Familien- bzw. Elternarbeit (Erwachsenenbildung)

• Kinder-, Jugendarbeit

• Schulsozialarbeit

• Politische Bildung

7. Maßnahmen

• Telefonische Beratung (Räumlichkeiten in der Goethestraße)

• Sprechstunden (Räumlichkeiten in der Goethestraße und ggf. andere Räumlichkeiten

• Hausaufgabenhilfe, Nachhilfe (Räumlichkeiten in der Goethestraße und ggf. andere Räume)

• Schulsozialarbeit

• Informations- und Diskussionsveranstaltungen

• Vorträge, Workshops, Symposien, Kongresse, Messen

• Wochenendseminare

• Kulturelle Aktivitäten (Film-, Theater-, Musikveranstaltungen und Museumsbesuche)

• AEV Cafe

• Kultur- und Bildungsreisen

• Kurse (Sprachen, Computer, Kochen, Malen, Musik)

• Bewerbungstraining

• Erziehungs- und Bildungsberatung

8. FINANZIERUNG, PERSONAL

Die Arbeit des Vereins wird durch die Mitgliedsbeiträge und Zuschüsse der LH München / Stadtjugendamt und finanziert. Bei Bedarf werden neue Zuschüsse beantragt, andere Zuschussgeber und Sponsoren gefunden.

Der Verein beschäftigt einen Projektleiter in Teilzeit (19,5 St. / Wo.). Der Vorstand des Vereins besteht aus ehrenamtlich engagierten Personen. Bei Bedarf wird eine entsprechende Ausweitung des hauptamtlich beschäftigten Personals bei öffentlichen Zuschussgebern und ggf. privaten Zuwendungsgebern beantragt.

9. KOOPERATIONSPARTNER

Bestehende und mögliche Kooperationspartner des AEV sind:

• Staatliche und städtische Beratungsstellen(Schulberatung International / Beratungsstelle für Bildung und Weiterbildung etc.);

• Lokales Bildungsmanagement im Stadtteil / LernenvorOrt (LH München und Bm)

• Migrationsspezifische Beratungsstellen der Wohlfahrtsverbände,

• Kreisjugendring München-Stadt;

• Münchener Volkshochschule (MVHS);

• Bildungsträger;

• Gewerkschaften (BLLV, GEW)

• IHK und HWK

• Stiftungen der politischen Parteien;

• Migrantenorganisationen und Vereine.

10. Ergebniskontrolle

Für die zentralen Angebote und Veranstaltungen wird München weit geworben (Internet, lokale Zeitungen und Zeitschriften, Plakate und Einwurfaktionen).

Für die dezentralen Angebote und Veranstaltungen wird in dem jeweiligen Stadtteil durch Plakate, Einwurfaktionen, ggf. Infostände und in Kooperation mit den Einrichtungen vor Ort geworben.

Die erstellten Materialien werden durch gezielte Postsendungen, Einwurfaktionen und Auslegen in Einrichtungen und Institutionen vor allem in Ballungsgebieten an die Zielgruppen übermittelt.

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